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Stefan Hartmann, Pro Natura
Interview mit Staatsrat Jean-Jacques Rey-Bellet, Departement für Verkehr, Bau und Umwelt des Kantons Wallis
(Frage PN): Sie sind als Regierungsrat verantwortlich für den Natur- und Landschaftsschutz im Kanton Wallis. Welches sind Ihre Ziele für die nächsten 10 Jahre zur Erhaltung der Walliser Natur- und Landschaftsschätze?
R.-B.: Es gilt, wenig berührte Räume wie das Aletschgebiet, das Obere Val de Bagnes, Tanay oder Déborance instandzuhalten. Ferner muss eine nachhaltige, naturnahe Bearbeitung der kultivierten Flächen des Kantons weiterhin gesichert werden. Rückzugsgebiete für Tiere und Pflanzen in intensiv genutzten Gebieten müssen wiederhergestellt werden, vor allem in der Rhoneebene, an der Talflanke von Adret und an gewissen Flussgewässern. Schliesslich müssen wir die Monotonisierung der Landschaft verhindern, die vor allem durch die Ausbreitung des Walliser Waldes droht.
(Frage PN): Wie wollen Sie den Schutz wirksam umsetzen? Die kantonale Dienststelle Natur und Landschaft muss mit einem jährlichen Budget von lediglich Fr. 385`000.- auskommen; ist das nicht viel zu wenig (Beiträge des Bundes und der Schweizer Wanderwege nicht eingerechnet)?
R.-B.: Man muss gut auseinanderhalten, was man machen möchte, was man machen sollte und was man effektiv machen kann. Das Kantonsbudget für Umweltanliegen ist klar unterdotiert. Aber der Schutz der Natur fügt sich mehr und mehr in die anderen Sektoren staatlicher Aktivitäten ein und findet sich unter anderen kantonalen Budgetrubriken. Da die spezifischen Mittel für die Natur begrenzt sind, sucht das Wallis Synergien bei den grossen Projekten zu verwirklichen, wie im Fall der Autobahn A9 und des Pfynwaldes.
(Frage PN): Bezüglich der Grossprojekte: Gibt es eine Koordination, welche die Auswirkungen der diversen Grossprojekte (A9, Olympia 2006, NEAT, 3. Rhonekorrektur) auf Natur und Landschaft überprüft?
R.-B.: Wenn man Naturschutz nicht einfach als Verteidigung des Früheren sieht und den Fortschritt akzeptiert, so bieten diese Grossprojekte vielfache Vorteile: Ihre bedeutenden Budgets ermöglichen Eingriffe bei den am stärksten degradierten Gebiete; früher begangene Fehler können so korrigiert werden. Die Qualität dieser Projekte ist eine grosse Chance für die Natur, vor allem dank der positiven begleitenden Massnahmen. In diesem Sinne wurden den staatlichen Diensten für das Strassen- und Wasserwesen - Bereiche also, in denen Naturanliegen stark tangiert sind - zwei Biologen zur Seite gestellt, die übrigens aus den Reihen von Pro Natura stammen!
(Frage PN): Die 3. Rhonekorrektur kostet zwischen 600-900 Millionen Franken. Das eidgenössische Gewässerschutzgesetz verlangt, dass bei Verbauung und Korrektion von Gewässern deren Zustand als Lebensraum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt verbessert wird. Wie werden Sie dafür sorgen, dass diesen Anliegen Rechnung getragen wird?
R.-B.: Von Beginn an ist das Projekt nicht nur zur Vermeidung der Hochwasser angelegt, sondern auch zur Renaturalisierung der Flussumgebung, seiner Fauna und Flora. Entsprechende Spezialisten sitzen in den Arbeitsgruppen, die nächstens ihre Vorschläge dem Staatsrat und dem Parlament unterbreiten werden.
(Frage PN): Der Schutz des Pfynwaldes geht eher schleppend voran. Was gedenken Sie zu tun, Herr Staatsrat, um dem Schutz dieses einmaligen Waldes den nötigen Nachdruck in der Verwaltung zu verleihen?
R.-B.: Beim Pfynwald haben wir eine koordinierte Strategie entwickelt, die eine gleichzeitige Lösungen für Probleme des Strassen- und Bahnverkehrs, eine Verbesserung beim Energietransport, eine Sicherung der Rhone und schliesslich einen Schutz des gesamten Schutzgebietes Pfynwald garantiert. Die Vereinigung für Landesplanung sowie der Fonds Landschaftsschutz Schweiz haben uns für die vorgesehenen Massnahmen gelobt. Die Gemeinden haben sehr gut reagiert und sie wollen sogar weitergehen durch eine touristisch-erzieherische Inwertsetzung des Pfynwaldes nach dem Vorbild von Champittet (Neuenburgersee) und der Villa Kassel (Aletsch).
(Frage PN): Die kantonale Baukommission hat verschiedentlich Projekte, die von Pro Natura angefochten wurden, mit einer Baueinstellungsverfügung belegt. Wie war es möglich, dass die meisten dieser Projekte trotzdem fertiggestellt wurden?
R.-B.: Gesetz und Vollzug für Bauten im Kanton Wallis sind vor kurzem revidiert worden. Sie bedeuten eine Aenderung des behördlichen und baupolizeilichen Systems. Selbst bei gutem Willen ist es unmöglich, alles zur gleichen Zeit zu regeln. Wir haben bereits konstatiert, dass die baupolizeilichen Mittel der Grösse unseres Kantons nicht angepasst sind. Durch die Einsetzung eines Experten lassen wird diesem Problem die nötige Aufmerksamkeit zukommen.
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